Podcasts und virtueller Rundfunk

Die beiden Vorträge zu Podcasts von Tim Pritlove und Michael Praetorius auf der re:publica haben sehr schön gezeigt, warum es so schwer ist, bestehende Gesetze und neue Technik in Einklang zu bringen.
Tim hat seine pragmatische Sicht auf Podcasts geschildert und damit eine greifbare und logische Mediennutzung skizziert.

  • Es gibt Platz für die Nische. Wenn keine Begrenzung durch Sendefrequenzen besteht, können auch viele kleine Zielgruppen mit hochwertigen Inhalten versorgt werden. In der Nische gelten andere Regeln als in Massenmedien.
  • Hörer haben Zeit. Wer sich bewusst für eine Informationssendung entscheidet bringt die entsprechende Zeit mit. In ausführlichen Gesprächen lassen sich Hintergrundinformationen und Anekdoten vermitteln und interessierte Hörer wissen dies zu schätzen. Wie ein Hörbuch kann auch ein Podcast nebenbei laufen oder unterbrochen werden.
  • Technik ist günstig. Im Vergleich zu früheren Aufnahmestudios lässt sich heute mit einfachen Mitteln wie dem Zoom H2 bereits eine gute Qualität erzielen.
  • Menschen haben Geschichten zu erzählen. NGOs, Vereine, etc. leben von ihren Mitgliedern und Mitarbeitern, diese Menschen und ihre Erfahrungen machen die Institutionen interessant. Dieses Potential ist ehrlicher und viel mehr wert als pseudokreative Kampagnen.

In bester Tradition des Cluetrain Manifest werden Organisationen greifbar, virtueller Rundfunk ist die Rückkehr zu den ausführlichen Strecken der ersten Radiosendungen. Diese Deutung ist frei von gesetzliche Zwängen und an den eigenen Gewohnheiten orientiert.
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Im Gegensatz dazu hat die Isarrunde versucht, virtuellen Rundfunk nach den Buchstaben des Gesetzes auszulegen und den Twitter-Account als Radiosender anzumelden. Das Experiment hat in den Landesmedienanstalten für das Thema sensibilisiert, aber die Diskussion war sehr anstrengend. Radio ist nicht Musik oder ein Sprachbeitrag, sondern die Gestaltung eines Live-Programms mit meinungsbildendem Charakter. Oder so ähnlich.
Man merkt deutlich, dass @praetorius aus dem Radioumfeld stammt. Sicher ist der Ansatz einer sauberen Regelung lobenswert und richtig, im direkten Vergleich der Vorträge fällt aber die Absurdität dieser Diskussion ins Auge, da die Definition des Gesetzgebers wenig mit der üblichen Wahrnehmung zu tun hat und durch neuen Technologien auf komplett andere Kanäle Anwendung findet.

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Für mich ist virtueller Rundfunk wenn die Bande von mobilemacs, Holgi und Tim von NSFW oder das Podcasterpack aus München die Strecke auf der Autobahn verkürzt oder Hausarbeit erleichtert. Euch allen Danke dafür.

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