Heute ist die Broschüre “Wie das Internet funktioniert” (pdf) vom Verein Digitale Gesellschaft e.V.[1] erschienen und stellt zentrale Begriffe des Internet kurz und verständlich dar. So weit, so gut. Der Blick auf eine heutige Pressemitteilung einiger Adressaten offenbart jedoch die Lücken.
[…] wir einen klaren Rechtsrahmen im Internet brauchen, so wie es in der realen Welt selbstverständlich ist.
Auch in anderen Zusammenhängen wird immer wieder von klaren Rechten gesprochen, vom “rechtsfreien Raum” hört man zum Glück immer weniger.
klare Grenzen verschwimmen online
Nicht nur die Grenzen zwischen den Staaten verschwimmen online. Auch innerhalb der Staaten treffen einzelne Rechtsgebiete unterschiedliche Regelungen und sorgen immer wieder für Unsicherheit. Manch mangelhafter Mustertext war richtig teuer, manch konkrete Regelung nicht verfassungsgemäß.
“Das Internet” lässt sich nicht in ein einzelnes Gesetz pressen. Es ist Treffpunkt, Handelsplatz, Bühne, Arbeitsplatz, Vorlesungssaal, Postweg, Lagerhalle, Distributionskanal, Traumschloss, Schlachtfeld und vieles mehr.
Nico Lumma fragte, was wir eigentlich wollen. Ich will, dass jeder für sich einmal die Werte ordnet und dass jeder Eingriff in die Infrastruktur gegen die Ansprüche anderer Rechtsgebiete geprüft wird.
Und wenn der Schutz des geistigen Eigentums für einige höher als das Briefgeheimnis steht, wird in der realen Welt selbstverständlich auch deren Post von der VG Wort geöffnet.
Da alle Internet-Technik auf IP-Paketen basiert, wird jede technische Maßnahme immer den gesamten Netzwerkverkehr betreffen.
Jede Regelung zu geistigem Eigentum Verwertungsrechten trifft Amateure und Profis, Teilöffentlichkeit und Weltöffentlichkeit.
Es ist schwer, unter diesen Voraussetzungen Gesetze zu schreiben und wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass Gesetzesvorhaben an den Vorbehalten fremder Rechtsgebiete scheitern.
Produktionsmittel sind verdammt günstig geworden und auch eine Firmengründung lässt sich unter Umständen einfach finanzieren.
“Here be dragons” und Arbeitsplätze
Für die Parlamentarier sind in meinen Augen noch mindestens zwei Unterlagen notwendig.
- Neben einer Übersicht der Technik fehlt noch eine Skizze der rechtlichen Zuständigkeiten, im Idealfall getrennt nach EU, Bund und Ländern.
- Die Vorteile des Internets lassen sich sicher auch jenseits von liberté, égalité, fraternité ausdrücken. Umsatz und Arbeitsplätze von Startups, eCommerce, Netflix, etc..
Beides leider Inhalte, die von Juristen bzw. Statistikern sauber aufbereitet werden müssen.
[1] Der Verein Digitale Gesellschaft e.V. wurde auf der re:publica ’11 etwas überstürzt gegründet und auch ich konnte erst wenig damit anfangen. Neulich hat Markus Beckedahl bei Philip Banse ausführlich die Arbeitsweise erklärt und nun tritt der Verein auch mit immer mehr Aktionen in Erscheinung.